Mit zehn Nominierungen führt „Mank“ die Liste an – am 25. April findet die 93. Oscar-Verleihung statt.
Man hatte fast den Eindruck, die Oscar-Academy hat sich komplett neu erfunden: Erstmals in der 93-jährigen Geschichte der „A.M.P.A.S.“ (Academy of Motion Picture Arts and Sciences) sind 76 der in diesem Jahr Nominierten Frauen. Das ist eine Zahl, die sogar langjährige Kritiker der Academy überrascht – hatte man es doch jahrzehntelang nicht so sehr mit Frauen im Filmbusiness und bei den Oscars®. Jetzt aber scheint dieser Wandel bei den Oscars® endgültig angekommen zu sein.
Die Frauen holen auf, und als ihre Galionsfigur fungiert heuer die US-Chinesin Chloé Zhao, die Regisseurin von „Nomadland“. Ein Film, der Frances McDormand als moderne Nomadin ohne festen Wohnsitz zeigt, und ihr quer durch die USA folgt. Das stimmige Gesellschaftsbild brachte dem Film insgesamt sechs Nominierungen ein, darunter auch jene für „Best Picture“, die beste Regie oder das beste adaptierte Drehbuch. Auch Frances McDormand ist als Hauptdarstellerin nominiert. Für Regisseurin Zhao könnte der Abend der Verleihung (am 25. April) sogar zu einem vierfachen Triumph führen, denn Zhao ist als Regisseurin, Produzentin, Co-Autorin und Schnittmeisterin im Rennen, und in allen Kategorien Mitfavoritin.
Damit nicht genug, ist Zhao heuer nicht die einzige Frau, die in der Kategorie „Beste Regie“ gewinnen könnte: Dort ist mit ihr auch Emerald Fennell für „Promising Young Woman“ im Rennen, und vor den beiden Damen wurden überhaupt erst fünf Frauen in dieser Kategorie nominiert – in 93 Jahren! Nur eine Frau gewann den Regie-Oscar bisher: Kathryn Bigelow. Doch die Zeichen stehen auf Veränderung, und die Chancen, dass die 38-jährige Zhao heuer gewinnt, stehen gut. Schließlich konnte sie schon bei den Golden Globes abräumen, die generell ein guter Wegweiser zu den Oscars® sind.
Aber auch sonst hat das Filmjahr, so außergewöhnlich es durch die Pandemie auch war, einige nennenswerte Erfolge gebracht, die sich bei den Oscars® nun niederschlagen. Mit zehn Nominierungen der absolute Topfavorit bei den diesjährigen Academy-Awards ist David Finchers „Mank“ über die Entstehungsgeschichte des Filmklassikers „Citizen Kane“ (1941) von Orson Welles. Sowohl als bester Film als auch für die beste Regie (Fincher) und den besten Hauptdarsteller (der wunderbare Gary Oldman) und die beste Nebendarstellerin (Amanda Seyfried) ist „Mank“ nominiert, sowie auch in allen weiteren Schlüsselkategorien. Was ihn zwar zum Favoriten macht, was aber keineswegs bedeutet, dass er auch alle Trophäen gewinnt. Denn die Konkurrenz ist stark. Beim besten Hauptdarsteller wird erwartet, dass der im Sommer 2020 an Krebs verstorbene Chadwick Boseman posthum ausgezeichnet wird – er ist zusammen mit Viola Davis (ebenfalls nominiert) in „Ma Rainey’s Black Bottom“ zu sehen und brilliert dort. Die Auszeichnung käme also völlig zurecht.
Zwei Oscar-Chancen hat auch Sacha Baron Cohen, der einerseits für seine Nebenrolle in „The Trial of the Chicago 7“ (6 Nominierungen) nominiert ist, andererseits auch als Co-Autor beim adaptierten Drehbuch. Außer Acht lassen sollte man auch Vanessa Kirby nicht, die eine Nominierung als beste Schauspielerin für „Pieces of a Woman“ erhielt, wo sie sehr intensiv eine Frau spielt, die eine Fehlgeburt erleidet.
Ein Trend, der schon die letzten Jahre immer stärker spürbar war, hat sich durch die Pandemie freilich weiter verstärkt: Die Streaming-Dienste werden in den Nominierungslisten immer zahlreicher. So hat Netflix heuer allein 23 Oscar®-Chancen, Amazon kommt auf elf. Klassische Studios wie Warner (8) oder Disney (5) sehen dagegen eher blass aus. Es bewegt sich was in der Welt des Films, soviel ist sicher…