In der Mini-Serie „Station Eleven“ hat eine Pandemie 99 Prozent der Menschen dahingerafft.
Es gibt eine Szene in Emily St. John Mandels Pandemie-Roman „Station Eleven“, der 2014 erschien, in der die Leute, die auf einem Flughafen irgendwo in den USA gestrandet sind, plötzlich realisieren, dass ihr Warten vergebens ist: Niemand wird mehr kommen, um sie zu retten. Denn außer ihnen sind fast alle tot.
Das ist ein Szenario, das uns nach zwei Jahren Pandemie noch immer irgendwie surreal vorkommt, nicht hingegen die Hoffnung, dass alles bald wieder normal wird. Aber es stimmt schon: Eine Serie wie „Station Eleven“ scheint angesichts der Tatsache, dass sie in manchen Aspekten von der Realität überholt worden ist, schwer verkäuflich. Und doch: Das Gegenteil tritt ein, die Zuschauer strömen nur so zu den Bildschirmen und sehen diese Serie, weil sie eigenwillige Perspektiven bietet: Die Menschen darin finden Trost in einer Welt, die nach einer Krise nicht mehr die gleiche ist wie zuvor. „Diese Botschaft hat etwas von Natur aus Hoffnungsvolles, nämlich dass das Leben weitergeht“, befindet die Autorin St. John Mandels kürzlich in einem Interview.
Eine ungeahnt aktuelle Geschichte
Die Buchverkäufe des Romans sind während der Pandemie sprunghaft angestiegen, inzwischen wurden mehr als eine Million Bücher verkauft. Die 10-teilige Serie lief in den USA bei HBO Max und erzielte dort Top-Quoten - trotz der Pandemie. Was Emily St. John Mandel in ihrem Buch erzählt, ist, dass 99 Prozent der Menschen an einer Viruserkrankung sterben, die die Atemwege angreift. Wenn das kein Knüller ist, in Zeiten wie diesen.
Das Unheil nimmt seinen Lauf während einer Theateraufführung im kanadischen Toronto: Der Hauptdarsteller erleidet einen Herzinfarkt und stirbt. Nur wenig später kommt es aber zu einer noch größeren Katastrophe. Eine Schweinegrippe breitet sich aus und wird rasend schnell zu einer globalen Pandemie.
Die Kunst als Hoffnungsschimmer
Ein Zeitsprung: 20 Jahre später hat die Pandemie die Weltbevölkerung ordentlich dezimiert - nur ein Prozent der Menschen leben noch. Kristen ist eine von ihnen, die sich der Theatergruppe „Die Symphonie“ angeschlossen hat. Diese Truppe will Hoffnung in der Welt verbreiten, auf dass es in Zukunft weniger apokalyptisch zugehe. Die Mitglieder sind Optimisten. Sie führen Shakespeare auf, überall wo sie hinkommen, wollen sie für Glückseligkeit sorgen. Auch in der Kleinstadt, in die sie gelangen, wo aber ein geheimnisvoller Prophet das Sagen hat.
Patrick Somerville hat den Roman für die Verfilmung adaptiert, und er springt dabei munter zwischen den Zeitebenen: Mal spielt die Handlung vor der Pandemie, manchmal in der Gegenwart, manchmal dazwischen.
Autorin Emily St. John Mandel sieht sich nicht als Prophetin, weil ihr Roman 2014 erschien und sie damit vieles der heutigen Pandemie vorweggenommen hat, denn: „Wenn man die Geschichte von Pandemien genau untersucht, wie ich es eben auch für ‚Station Eleven‘ getan habe, wird schnell klar, dass es immer wieder Pandemien geben wird. Wir haben diese Pandemie nicht kommen sehen, weil es rund 100 Jahre her ist, seit die letzte Pandemie gewütet hat, die Spanische Grippe“. Nachsatz: „Aber es wird immer wieder passieren“.